Gedanken von Dorothee Modricker-Köhler, 30.12.2021

Auf dem Weg vom Kindsein zum Erwachsensein entdeckt und entwickelt der/die Jugendliche seine/ ihre Sexualität.

Wer bin ich als Frau? Wer bin ich als Mann? Kann ich mich selbst lieben? Wen liebe ich und wie nehme ich mich selbst wahr? Wie verändert sich mein Körper?

Diese Themen sind zentrale Themen für die Schülerinnen und Schüler und beschäftigen im Herbst/ Winter 2021 auch die Schulgemeinschaft an der ESS, manche mehr, andere weniger.

Ich glaube, es ist wichtig, dass wir uns ganz offen mit der Thematik der verschiedenen Formen von Sexualität auseinandersetzen, dass wir keine Form verdammen und für unnormal erachten, sondern dass wir Lehrer*innen die Jugendlichen in ihrer Unterschiedlichkeit akzeptieren.

Für mich ist es wichtig, den Schüler*innen zu vermitteln, dass sie so angenommen sind, wie sie eben sind. Ich glaube, dass  Gott den Menschen zu seinem Bilde geschaffen hat, und das heißt, dass er unser Gegenüber sein will, dass er uns annimmt und liebt und uns nicht in verschiedene Kategorien aufteilt und dann bewertet oder gar abwertet.

LQGBT oder wie auch immer die Buchstaben heißen mögen, die die Gesellschaft mit der Regenbogenflagge in Beziehung setzt, diese Buchstaben scheinen mir die Vielfalt der Liebesfähigkeit(en) von uns Menschen widerzuspiegeln. Alle Farben miteinander ergeben diesen Regenbogen, erst im Miteinander wird der Bogen deutlich.

Der Regenbogen ist in der Noahgeschichte im Buch Genesis der Bund zwischen Gott und den Menschen, nachdem die große Sintflut abgesunken ist. Gott gibt den Menschen noch eine Chance, er will sich mit ihnen ver-bünden und ihnen ein neues Leben auf der Erde ermöglichen.

Gott sagt JA zum Menschen in der Sintflutgeschichte, aber im übertragenen Sinne auch durch heute und in unserer Gegenwart durch die Flagge. Für mich ist sie ein heiteres und mutmachendes Zeichen, eines, das mich positiv stimmt und das mich neugierig macht. Für mich symbolisiert sie das JA Gottes: ihr dürft vielfältig sein, ihr dürft euch ausprobieren, ihr dürft einen eigenen Weg gehen.

Die Auseinandersetzung mit den Schüler*innen der Oberstufe im Herbst/ Winter 2022 war produktiv und von Offenheit geprägt. Manch einer und eine haben sich gewagt, eigene Gedanken und Entwicklungen mit anderen zu teilen und auf Toleranz und Offenheit zu hoffen. Ich bin stolz auf unsere Schüler*innen. Ich bin stolz, dass sie sich ernsthaft und tiefgehend mit dieser Problematik auseinandersetzen, dass sie den Dialog untereinander, aber auch mit ihren Lehrer*innen und der Schulleitung suchen und dabei nicht aggressiv sondern  sensibel miteinander umgehen.

Das christliche Menschenbild, die Hoffnung auf die Liebe Gottes, die sich am Tiefsten im Kreuz und Auferstehung niedergeschlagen hat, sagt, dass jeder und jede von uns mit Gott in Verbindung stehen darf. Dass alle ihre Stärken und Schwächen vor Gott bringen dürfen und um seine Vergebung wissen können.

„Ist einer in Christus, so ist er eine neue Kreatur. Das Alte ist vergangen, siehe Neues ist geworden“ heißt es im zweiten Brief des Paulus an die Gemeinde in Korinth. (2. Korinther 5, 17)

Mit dieser Hoffnung gehe ich im Jahr 2022 in weitere Gespräche mit Schülerinnen und Schülern, in einem großen Plenum, aber auch einfach nur von Angesicht zu Angesicht. Ich glaube, diese Gespräche bereichern das Miteinander an unserer Schule auf eine besondere Art und Weise.