Ich habe in den Herbstferien zum ersten Mal von dem Gerücht gehört, Frau Krumpholz habe eine Regenbogenflagge abhängen lassen. „Hast du das mitbekommen?“, hat mich eine Freundin gefragt. Hatte ich nicht, deswegen kam diese Information für mich sehr überraschend. Ich hatte für das Abnehmen der Flagge spontan nicht viel Verständnis und konnte mir keinen guten Grund dafür vorstellen, außer den, dass die Schule sich mit dem Inhalt der Flagge nicht identifiziert.
„Angeblich wäre jede politische Äußerung unerwünscht“, hat mir meine Freundin gesagt und irgendwas mit dem Kreuz zu tun hätte es anscheinend auch. Das war interessant für mich, weil ich die Regenbogenflagge selbst nicht als politisch verstanden hatte.
Wir waren uns schnell einig, dass es sinnvoll wäre, mit einer direkt betroffenen Person zu sprechen, um besser zu verstehen, was wirklich passiert war.
Stattdessen hat es sich aber ergeben, dass zwei Freundinnen von mir Frau Krumpholz auf dem Gang getroffen haben und sie diesbezüglich ansprechen konnten. Sie war überrascht darüber, welche Gerüchte besonders in unserem, dem 12. Jahrgang kursierten und welche Dynamik das Thema bereits bekommen hatte, als wir ihr davon berichteten.
In manchen Relikursen waren die Fragen „Was bedeutet uns das Kreuz?“ und „Wofür steht die Regenbogenflagge eigentlich?“ bereits behandelt wurden – aber an den einzelnen Unterrichtsstunden konnten eben nicht alle teilhaben.
Aus ihrem Wunsch, ihre Entscheidung zu begründen und in einen Kontext zu stellen und unserem Bedürfnis, eine solche Aktion, die schnell als Positionierung gewertet wurde, erklärt zu bekommen, ist ein Gespräch mit dem ganzen Jahrgang in der Turnhalle entstanden.
Da uns jedoch (mitten in der Klausurenphase) nur eine Schulstunde zur Verfügung stand und am Ende dieser klar war, dass nach wie vor Gesprächsbedarf besteht, haben wir begonnen, uns nachmittags freiwillig (und somit in kleinerer Runde) zu treffen.
Nach einigen Treffen, zu denen die Schulseelsorge und zuletzt auch Schüler:innen aus dem 11. Jahrgang dazugestoßen sind, hatten wir den Konsens herausgearbeitet, dass wir zum einen weiterhin so viel miteinander im Gespräch bleiben wollen und andererseits nach verschiedenen Wegen suchen, dem Thema „Offenheit und Toleranz gegenüber Sexualitäten und Geschlechtern“ mehr Raum zu geben.
Als erster Schritt ist diese Kommentarreihe entstanden, in der wir Ihnen und euch allen den aktuellen Stand aus verschiedenen Positionen schildern können.
Aktuell ist die Ausarbeitung von Aktionen noch im Gange – von Projekttagen über Ausstellungen bis hin zu regelmäßigen Debattierclub-Treffen haben wir viele Ideen.
Ich hoffe sehr, dass wir bald in die Tat umsetzen können, was wir uns überlegt und vorgenommen haben.