Seitdem im Herbst 2021 die Regenbogenflaggen in den Klassenräumen abhängt wurden, ist viel passiert, auch in meiner Gefühlswelt. Deshalb versuche ich im Folgenden meine
persönlichen Empfindungen zu diesem ganzen Prozess zusammenzutragen.

Ganz am Anfang, als ich nur durch Getuschel auf dem Schulhof vom Abhängen der Flaggen gehört habe, war ich zunächst wie gelähmt. Ich konnte noch nicht wirklich begreifen was genau passiert ist und habe an diesem Tag sehr viel darüber nachgedacht.
Am nächsten Tag kamen dann die ersten Gerüchte hoch, was gewisse Lehrkräfte zu der
Thematik gesagt haben sollen, was mir einen Schlag verpasst hat. In dieser Zeit, bevor es
zum ersten Austausch mit Frau Krumpholz und dem Abiturjahrgang kam, kam es zu einigen unschönen Bekenntnissen von Lehrkräften, denen dieses Abhängen der Regenbogenflaggen scheinbar ganz gelegen kam, um ihre politische Meinung zu propagieren.

Dadurch wurde die Schule schlagartig zu einem Ort des Unwohlseins. Ich habe mich nicht
mehr sicher gefühlt und alles hinterfragt. Das waren sehr emotionale Tage für mich, bei
denen ich das Glück hatte bei Frau Modricker-Köhler von der Schulseelsorge Zuspruch zu
finden, ohne den ich wohlmöglich emotional noch instabiler geworden wäre. In dieser Zeit
habe ich, die eigentlich nicht allzu oft weint, täglich mehrmals geheult, weil ich emotional so aufgewühlt war.

Nach dem ersten Diskussionsforum in der großen Halle hatte ich das Gefühl, dass die
allgemeine Stimmung insbesondere von Missverständnissen und vor allem Unverständnis
geprägt war. Seitens der Schulleitung schien man im Abhängen der Flaggen nicht das
Statement zu lesen, was auf Seiten der Schülerschaft zu großen Teilen ankam.
Heute habe ich das Gefühl, dass sich das Verständnis beider Seiten füreinander durch die
vielen Diskussionen zumindest vergrößert hat.

Wenn man Frau Krumpholz ́ Interpretation des Kreuzes kennt, in der die Nächstenliebe wie selbstverständlich darin inbegriffen ist, lässt sich eher verstehen, warum es für sie kein weiteres Symbol brauche.

Genau wegen solcher verschiedenen Interpretationen, die wohl jeder Mensch anders fasst, war es überaus wichtig, ins Gespräch zu kommen um sich darüber im Klaren zu werden. Wir konnten unsere Gefühle klar formulieren und zeigen, dass wir verletzt wurden. Wir konnten zum Ausdruck bringen, dass es vielleicht gerade in Zeiten, wo insbesondere die katholische Kirche starker Kritik ausgesetzt ist, noch weitere Zeichen braucht, die zeigen, wer in unserer Schule willkommen ist.

Gerade zu Beginn dieses kompletten Diskurses hätte ich mir eine offene Kommunikation
gewünscht, die vermutlich das Ausmaß dieser gesamten Diskussion verringert hätte. Da es auf Seiten der Schulleitung zu dieser Zeit jedoch offensichtlich an einer Sensibilität für dieses Thema gefehlt hat, weshalb das Abhängen der Flaggen als ganz und gar nicht problematisch angesehen wurde, erhoffe ich mir, dass es nach dieser Debatte, die nun schon fast ein ganzes Halbjahr geht, nicht mehr zu Vorfällen dieser Art kommen wird. Bei so einem, wie man sehen konnte, emotional beladenen Thema wäre es mehr als wichtig gewesen von Anfang an weitläufig die Beweggründe zu erklären. Die Gerüchte, die insbesondere zu Beginn die Debatte angeheizt haben, haben rückblickend gesehen wahrscheinlich niemandem geholfen. Ein klares Statement dagegen hätte vielleicht die vielen Fragen aus der Welt schaffen können.

Außerdem ist es mir wichtig zu betonen, dass es hier um viel mehr als nur um die Flaggen
geht; es war schön als die Flaggen hingen, unschön als sie abgehängt wurden, aber noch viel unschöner waren die Folgen, die das ganze mit sich gezogen hat. Wie bereits erwähnt haben einige Lehrkräfte diesen Vorfall zu ihrem persönlichen Vorteil genutzt, weil ihnen dieses eine Mal die Chance dazu geboten wurde. Ich würde mir wünschen, dass es klärende Gespräche auch direkt mit diesen Personen gibt, damit auch bei diesen das Bewusstsein dafür geschaffen wird, was ihre Worte bedeuten können.

Im besten Fall würde dies in eine Bitte um Entschuldigung münden, was, da Gefühle verletzt wurden, wohl kaum zu viel verlangt sein kann.

Gegen Ende möchte ich jedoch auch noch zu etwas Positivem kommen. Es ist gut, dass wir zusammen gekommen sind um über diese Vorfälle zu reden. Aus der sehr unnahbaren
Schulleitung wurde dadurch etwas Nahbares. Man hatte wahrlich das Gefühl gesehen zu
werden und nicht komplett egal zu sein. Ich bin deshalb dankbar dafür, dass sich die Zeit
genommen wurde, mit uns ins Gespräch zu kommen. Ich denke auch, dass sich dadurch
nochmal viel in der Wahrnehmung voneinander geändert hat und wir im besten Fall sogar
beidseitig etwas voneinander lernen konnten.

Wie an meinem Statement zur Regenbogendebatte deutlich wird, kann ich sie schlecht mit einem Satz beschreiben. Auch wenn ich die genannten positiven Aspekte sehr zu schätzen weiß kann ich die negativen Folgen in keinem Fall verschweigen, weil es mir wichtig ist, nichts schön zu reden, was nicht schön war oder ist.

Es lässt sich jedoch sagen: Die Regenbogendebatte hat einige gute Entwicklungen mit sich gebracht, von denen ich mir erhoffe, dass sie auch über das Ende meiner Schulzeit in diesem Sommer weiter gehen werden, sodass die Schulgemeinschaft nachhaltig zu einer besseren werden kann, in der jeder das Gefühl hat, willkommen und gehört zu sein.

Von Lena Knötzele