Newsletter 10, 10.10.2023

Themen: Bitte um und Hoffnung auf Frieden
Pressespiegel: Umgang mit Handys / weniger Fleisch in Schulmensen / Kleiderordnung

Liebe Eltern,

liebe Schüler*innen,

am Samstagmorgen wurde Israel von einer beispiellosen Terrorwelle überzogen, die hunderte Menschenleben gekostet hat und viele weitere auch in den kommenden Wochen und Monaten bedroht. Israel wird auf den Angriff reagieren (müssen), hat damit bereits begonnen. Ich habe mich bisher nicht an die Schüler*innen gewandt, weil mir angesichts dieses Hasses, der zu dem Angriff geführt hat, die richtigen Worte fehlen. Wie bloß bei den jungen Menschen Hoffnung auf Frieden wecken und erhalten?

Gleichzeitig bin ich mir bewusst, dass auch unter Ihnen Einige sein werden, die um Familien oder Freunde in den betroffenen Regionen fürchten. Meine Gedanken sind bei Ihnen.

Eine jüngere Schülerin fragte mich gestern: „Für welche Seite sind Sie?“

Ich antwortete: „Ich bin für die Seite der Menschen.“ Und möchte hinzufügen: Unabhängig von Glauben und Herkunft bin ich für alle Menschen, die in Liebe und Zugewandtheit leben und handeln, und bete für ihr erfolgreiches Tun.

Ich bitte Sie, sich diesem Gebet um Frieden anzuschließen.

Beim Lesen der lokalen Tagespresse am vergangenen Wochenende fiel mir auf, dass allein in der Ausgabe von Samstag drei große schulische Themen diskutiert wurden, mit denen sich unsere Schulgemeinde bereits in den vergangenen beiden Schuljahren intensiv auseinandergesetzt und diese bearbeitet hat.

Auf Seite 2 der hiesigen Tageszeitung fand man eine Pro- und Contra-Gegenüberstellung zum Thema Handyverbot an Grundschulen. Hintergrund ist der Erlass neuer Gesetze in Großbritannien und den Niederlanden, die stark vereinfacht und zusammengefasst Handys an Grundschulen untersagen.

Beim Lesen der angeführten Argumente fiel mir vor allem auf, dass das von mir vermutete pädagogische Ansinnen der Entscheidungsträger gründlich missverstanden wird. Es geht ja gerade nicht darum, Smartphones (und entsprechende andere smarte Endgeräte) ins Abseits zu stellen und mit der Nutzung nur negative Begleiterscheinungen zu verknüpfen. In unserem Fall stand am Beginn der Diskussion die Beobachtung im veränderten Nutzungsverhalten der Kinder und Jugendlichen. In der Auseinandersetzung mit diesen Beobachtungen entwickelten wir dann die Vorstellung, Kindern und Jugendlichen bis zu einem bestimmten Alter eine handyfreie Zeit zu ermöglichen, in denen sie sich endlich wieder auf andere (und ich gebe es zu, in den Augen der Erwachsenen wesentlichere) Dinge einlassen und konzentrieren können.

Ständig von einem Verbot zu sprechen, ist weder für den pädagogischen Ansatz hilfreich noch wird es den Überlegungen derjenigen gerecht, die sich ernsthafte Gedanken über die Folgen für junge Menschen machen, wenn die Nutzung eben über das nützliche und unterstützende Maß hinausgeht. Dass auf der Contra-Seite (Argumente gegen das sogenannte Handyverbot) sofort wieder angeführt wurde, eine solche Regelung verhindere den Erwerb von Medienkompetenz, ist geradezu plump. Eine handyfreie Zeit kann selbstverständlich nur dann sinnvoll sein, wenn sie Teil eines Gesamtmedienkonzept ist, das den Erwerb von Nutzungskompetenzen, den Schutz vor süchtig machenden oder gefährdenden Inhalten, die souveräne Handhabung der nützlichen Tools und eine bewusste Auseinandersetzung mit Grenzen, Risiken aber auch Chancen gleichermaßen in den Blick nimmt.

Die an unserer Schule seit Beginn des Schuljahres eingeführte handyfreie Zeit konnte übrigens weitestgehend geräuschlos etabliert werden. Bisher gab es in Summe vierzehn Verstöße, die in bewährter Weise, so wie wir es bereits seit zwei Jahren im A-Bau ausprobiert hatten, bearbeitet wurden. Natürlich ist mir und uns vollkommen klar, dass einzelne Kinder sich wohl auch mal der Kontrolle entziehen, in dem sie in der geschlossenen Klokabine daddeln. Die Anzahl derer, die das tun, ist aber verschwindend gering, und hat für mich eine ähnliche Größenordnung wie die Tatsache, dass hin und wieder Kinder Hausaufgaben abschreiben. Das war schon immer so, und hat noch niemandem nachhaltig geschadet. Bei der beschlossenen Regelung geht es um unsere Haltung zu dem, was wir beobachten, und unsere Verantwortung gegenüber den Kindern und Jugendlichen. Die hohe Akzeptanz, die ich während der Pausen bei diesen beobachten kann, lässt mich annehmen, dass wir dieses Anliegen hinter der handyfreien Zeit auch gut kommunizieren konnten.

Im Landkreisteil der gleichen Ausgabe unserer Tageszeitung wird die Frage gestellt, ob in Zukunft „das vegetarische Schulessen“ kommt. Hier ist der Hintergrund, dass seit dem neuen Schuljahr Grundschulen und KiTas in Freiburg nur noch ein vegetarisches Einheitsmenü anbieten. Nun war die Begründung in Freiburg unter anderem, dass man Kosten sparen wolle, und dieses Argument kann man zumindest kritisch hinterfragen. Allerdings darf man sich bei aller Entrüstung über eines nicht täuschen: qualitativ hochwertiges Fleisch, das in artgerechter Tierhaltung produziert wurde, ist selbst mit subventionierten Mittagsessenspreisen nicht finanzierbar. Man muss sich also klarmachen, dass das, was an Fleisch in Großküchen auch in Schulen auf den Teller kommt, eher kein Biosiegel etc. tragen wird.

Interessant fand ich persönlich im Artikel die Argumentation „bei der Speiseplangestaltung hielten sich die an den Kreisschulen tätigen Caterer streng an die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), so sollen beispielsweise maximal einmal pro Woche Fleisch oder Wurst plus einmal wöchentlich Fisch angeboten werden“. Dennoch wird an den allermeisten Schulen täglich eine Fleischvariante angeboten, was erfahrungsgemäß dazu führt, dass die meisten regelmäßigen Esser*innen auch mehrmals wöchentlich Fleisch essen.

Unsere Entscheidung vor gut einem Jahr, das Fleischangebot drastisch zu reduzieren (nämlich genau auf die Anzahl der Tage, die von der DGE empfohlen werden) hatte viele Gründe: Weniger Fleisch zu verzehren schont definitiv die Umwelt, da die Produktion von Fleisch deutlich mehr CO2 freisetzt als die Produktion pflanzlicher Nahrungsmittel. Als christliche Erziehungsgemeinschaft sollte und ist es uns ein stetes Anliegen, die Schöpfung zu bewahren, also nachhaltig und ressourcenbewusst zu handeln. (Mir ist dabei bewusst, dass uns das Gebäude aktuell Grenzen setzt, umso wichtiger ist es, in allen anderen möglichen Bereichen tätig zu werden.)

Fleischreduzierte Kost ist darüber hinaus gesünder (siehe Empfehlung DGE), auch für Heranwachsende. Und das besonders dann, wenn man darauf achtet, dass einmal pro Woche Fleisch und einmal pro Woche Fisch gegessen wird. Ein weiteres Anliegen war jedoch auch, Kindern und Jugendliche Beispiele für alternative vegetarische Gerichte und vielleicht zunächst ungewohnte, aber leckere Zutaten zu präsentieren. Unser Caterer („Kreative Töpfe“) hat viel Erfahrung bei der Zubereitung vegetarischer Gerichte. Im Übrigen freut er sich über Anregungen, welche Gerichte vielleicht besonderen Anklang bei den Schüler*innen finden würden.

Und schließlich das dritte in der Presse diskutierte Thema: Kleiderordnung im Klassenzimmer!

An einigen Rüsselsheimer Schulen gibt es Regeln für die Bekleidung in der Schule und darüber hinaus einheitliche Schuloberbekleidung (zum Beispiel T-Shirts, Sweatshirts, Hoodys). Dieses Thema ist eines, das wir im Zusammenhang mit der Erstellung unseres institutionellen Schutzkonzeptes bereits mehrfach in der betreffenden Arbeitsgruppe besprochen hatten und kaum ein anderes Thema des Schutzkonzeptes wurde so kontrovers zwischen Eltern, Lehrkräften und Schüler*innen diskutiert. Auch im Schulbeirat haben wir das Thema bereits einmal angerissen. Und auch hier waren die Reaktionen bzw. Einlassungen der unterschiedlichen Personengruppen ganz ähnlich kontrovers wie in der angesprochenen Arbeitsgruppe: allein der Hinweis von erwachsener Seite, dass man manche sommerlichen Bekleidungsstücke als nicht hinreichend empfindet, sorgte für große Empörung.

Ich kann sehr gut verstehen, dass man als Jugendliche*r durch die Wahl der Kleidung einen Teil der eigenen Persönlichkeit und Interessen ausdrücken möchte. Auch ich bin im Alter von 14 Jahren bevorzugt in meinem David-Bowie-T-Shirt herumgelaufen, allein schon um mich von all den Madonna und a-ha (dem damaligen Mainstream) hörenden Mitschülerinnen abzusetzen. Deshalb mal in aller Deutlichkeit: Niemand an der ESS denkt daran, eine Schuluniform oder eine einheitliche Schuloberbekleidung einzuführen!

Ich möchte vielmehr ins Gespräch kommen über das, was uns beschäftigt: Die Beobachtung, dass die verwendete Stoffmenge für Kleidungsstücke junger Mädchen in den letzten Jahren drastisch abgenommen hat. Warum eigentlich?

Auch deshalb halte ich die Frage, was man unter angemessener Kleidung in Schule versteht, nicht nur für legitim sondern auch für wichtig. Schließlich ist die Schule nicht nur für die Lehrkräfte der Arbeitsplatz, sondern für unsere Schüler*innen der Ort, an dem das Lernen im Mittelpunkt steht. Es geht um Konzentration, um das Fokussieren auf einen bestimmten Wissensinhalt oder den Erwerb einer Fähigkeit, und hoffentlich nicht um Äußerlichkeiten.

Als Mutter und Schulleiterin frage ich mich ehrlich gesagt auch, inwieweit dieses Modediktat durch die Dauerflut berühmter oder halb berühmter Menschen inspiriert ist, die sich in dieser oder ähnlicher Weise im Internet präsentieren. Zu Recht erwarten junge Mädchen (und erwachsene Frauen) nicht aufgrund äußerlicher Attribute bewertet zu werden. Dennoch ist die freizügige Art der Bekleidung genau darauf abgestellt, diese äußerlichen Attribute deutlich zu betonen. Ich empfinde dies als irritierenden Widerspruch.

Das Thema bleibt in jedem Fall spannend und ist auch an unserer Schule mitnichten hinreichend besprochen, sondern befindet sich eher in der Schwebe. Das hat auch damit zu tun, dass das institutionelle Schutzkonzept in einer ersten Entwurfsversion aktuell beim Bistum Mainz zur Prüfung vorliegt. Erst wenn von dort die Änderungs- und Verbesserungsvorschläge eingegangen sind, kann die Arbeitsgruppe ihre Arbeit wieder aufnehmen. Dann freue ich mich auf angeregte Gespräche auch, aber nicht nur zum Punkt angemessener Kleidung im Schulzusammenhang.

Mit freundlichen Grüßen

Schulleiterin