Nachdem die gesamte Gruppe mit vereinten Kräften ein köstliches Frühstück gezaubert hat, startete ein weiter intensiver Tag mit vielen prägenden Eindrücken.
Heute ging es zunächst in den östlichen Teil der Theresienstädter Festungsanlage, die sogenannte Kleine Festung. Die ebenfalls sternförmig angeordnete Festungsanlage diente einst als Gefängnis für Häftlinge Österreich-Ungarns, unter anderem dem bekannten Attentäter Gavrilo Princip (Erster Weltkrieg).
Während der nationalsozialistischen Besatzung wurde sie von der SS bemannt und als Gestapo-Gefängnis benutzt. Hierin waren tschechische Widerstandskämpfer, Kommunisten und Juden aus dem Theresienstädter Ghetto zur Bestrafung inhaftiert. Vielfältige Krankheiten wie z.B. die Ruhr oder Typhus, beengte und dunkle Zellen und der sadistische Lagerchef Jöckel machten allen Gefangenen das Leben unvorstellbar schwer. Ein Film im alten SS-Kinosaal sowie eine eindrückliche Führung vermittelten uns diese Umstände hautnah, denn die besichtigten Zellen, kamen unserer Gruppe mit ca. 20 Personen schon eng vor – unvorstellbar, dass hier einst 60 Personen leben mussten. Viele der Inhaftierten verließen dieses Gefängnis tragischerweise nicht lebendig. Lediglich drei Personen gelang die Flucht. Unzählige andere verloren ihr Leben, teils wegen menschenunwürdiger Lebensumstände, teils wegen Hinrichtungen auf dem Schießstand.
Sehr bewegt von diesen Erfahrungen ging es nach dem Mittagessen zum Skype-Gespräch mit der Zeitzeugin Evelina Merova. Sie ließ uns an vielen Stationen ihres Lebens teilhaben, unter anderem verbrachte sie 18 Monate im von uns besuchten Kinderheim in Theresienstadt. Von dort aus brachte man sie nach Auschwitz-Birkenau und nur durch glückliche Zufälle war sie die einzige ihrer Familie, die überlebte, um dann ein Leben als Jüdin in der Sowjetunion zu verbringen. Überrascht hat uns die positive Darstellung Theresienstadts in den Ausführungen von Frau Merova. Während sie in Prag aufgrund ihrer „jüdischen Abstammung“ nur noch auf dem Friedhof spielen und nicht mehr in die Schule gehen durfte, gab es in Theresienstadt noch ein Angebot von Kultur (z.B. die Kinderoper Brundibar) und Bildung. Es muss aber betont werden, dass all diese Chancen nur dem aufopfernden Einsatz von einzelnen Juden und Jüdinnen zu verdanken ist.
Dieses Gespräch war eine ergreifende Begegnung, für die wir sehr dankbar sind, zumal es möglicherweise eine der letzten Gelegenheiten für uns war, mit Menschen in den direkten Austausch zu kommen, die aus eigener Erfahrung von den Ereignissen berichten können. Ihre selbstbewusst verschmitzte Art mit unseren Fragen umzugehen, wird uns sicher noch lange im Gedächtnis bleiben. Allen, die nicht dabei sein durften, sei ihre Biografie „Leben auf einer Seite“ empfohlen!
Den Abschluss des Tages und damit der Reise bildete ein freiwilliger Ausflug in das benachbarte Leitmeritz – eine pittoreske Stadt an der Elbe mit feinem kulinarischen Angebot. Nach sehr intensiven und kräftezehrenden Tagen, fahren wir morgen alle verändert und bereichert nach Hause. Allen Unterstützern und Interessierten danken wir sehr.