Polenaustausch 2019 – Freundschaften über Grenzen

Reisebericht Polenaustausch (31.08 – 05.09.2019)

Im Mai 2019 bekamen wir, das sind 10 Schülerinnen und Schüler der Edith-Stein-Schule, Besuch von unseren Austauschschülern aus Polen. Anfang September war es dann endlich soweit, und es war an uns, die lange Reise auf uns zu nehmen, um unsere neugewonnen Freunde wieder zu sehen. Bereits seit 30 Jahren besteht die Partnerschaft zwischen der ESS und dem III Liceum Ogólnokształcące im. Marii Dąbrowskiej , der polnischen Schule. Diese befindet sich in Plock, einer wunderschönen Stadt direkt an der Weichsel, die von Warschau aus durch eine Busfahrt von ungefähr 2 Stunden zu erreichen ist.

Und etwa so sollte unsere Reise auch beginnen. Problemlos landete unser Flugzeug am Flughafen in Warschau, und nach einer von aufgeregten Gesprächen erfüllten Busfahrt kamen wir in Plock an. Während der Fahrt hatte mir meine Austauschschülerin bereits eine Nachricht geschickt – „Schreib mir, wenn ihr in Plock seid.“ – aber dafür fand ich überhaupt keine Zeit. Viel zu schnell verging die Fahrt, viel zu viel gab es durchs Fenster zu beobachten und mit dem Sitznachbarn zu besprechen. Und ehe man sich versah, da war man auch schon angekommen und wurde auf dem Parkplatz überschwänglich begrüßt. Überall fielen sich Schüler in die Arme und man wurde mit den Eltern bekannt gemacht. Meine Gastmutter stellte sich mit den Worten: „Ich bin… Mama.“ bei mir vor, und ich fühlte mich sofort wohl in dieser freundlichen und herzlichen Familie. Den ersten Tag nutzten wir auch alle größtenteils dazu, die vielen neuen Eindrücke rund um uns herum in uns aufzunehmen. Das war auch notwendig, denn Plock ist wirklich eine großartige Stadt – in der Altstadt gibt es neben anderen schönen alten Gebäuden ein prachtvolles Rathaus, vor dem sich ein weitläufiger Platz mit einem Springbrunnen erstreckt, wo große Buchstaben die Worte „I love Plock“ verkünden. Eine Aussage, der wir alle sehr schnell zustimmen konnten. Außerdem befindet sich an diesem Platz das Darmstadt Haus und das Heiligtum der Schwester Faustina. Gleich an meinem ersten Tag wurde ich dort von einer Nonne angesprochen, die anbot, mir und meiner Austauschschülerin die kleine Kapelle und das dazugehörige Gebäude zu zeigen. Weiter in Richtung des Flusses gelangten wir schnell zu einer Anhöhe, von der aus wir einen fantastischen Blick auf das Wasser hatten, in dem sich die Sonne brach und so schimmerndes Licht auf die ganze Umgebung warf. Entlang des Flussufers verläuft ein Pier, an dessen es Ende ein kleines Cafe gibt. Dort lässt sich sehr gut Eis essen, wobei man einen tollen Ausblick auf die Kathedrale hat, die auf einer Anhöhe über der Weichsel thront.

Eis ist übrigens ein gutes Stichwort, um auf ein weiteres Thema zu sprechen zu kommen: Essen. Unsere Lehrerinnen hatten uns bereits beim Vortreffen für den Austausch gewarnt, das manche Schüler während ihrer Zeit in Polen mehrere Kilo zu nähmen; wie realistisch diese Einschätzung war, konnten wir uns aber erst vorstellen, als wir tatsächlich in Plock waren. Unsere Gastfamilien verwöhnten uns mit traditionellen Maultaschen, Kartoffelpuffern, Pfannkuchen und natürlich diversen Süßigkeiten, um nur einige Beispiele zu nennen. Alles war köstlich, ohne Ausnahme. Meine Gastmutter schenkte mir zum Abschied einen gesamten Laib Brot. Kurzum: Bei meinem Flug von Frankfurt nach Warschau wog mein Koffer 12kg. Auf dem Flug von Warschau nach Frankfurt wog er 13,5kg. Der Großteil dieses hinzugekommenen Gewichts bestand aus Süßigkeiten.

Ein Höhepunkt der gesamten Reise war aber definitiv  der Besuch in der Hauptstadt Warschau. Wir besichtigten ein Museum über den 2. Weltkrieg und anschließend die Stadt Warschau an sich. Selbst diejenigen unter uns, die sich normalerweise nicht für Geschichte interessierten, kamen nicht umhin, den Erklärungen des Stadtführers gebannt zu lauschen. Das, was erzählt wurde, war grausam und erschreckend. Doch umgeben von den prächtigen Gebäuden Warschaus empfand man vor allem eine tiefe Bewunderung für all die Arbeit des Wiederaufbaus, die hier geleistet worden war.

Mein persönliches Highlight allerdings war der Ausflug nach Torun. Die Busfahrt dauerte wieder etwa 2 Stunden, aber das lohnte sich in jedem Fall. Die Altstadt Toruns besteht aus vielen alten Backsteinhäusern, überall gibt es Lebkuchen zu kaufen und in der ganzen Stadt findet man die Spuren des Nikolaus Kopernikus. Unsere Stadtführerin machte Witze und auch Dank des herrlichen Wetters ging der Besuch in dieser Stadt viel zu schnell vorbei.

Zusätzlich zu all den Ausflügen hatten wir das Glück, am ersten Schultag nach den Sommerferien teilzunehmen, der in Polen etwas später liegt als bei uns. Es gab schon einiges, was anders war als zu Hause. Alle Schüler machten sich viel schicker zurecht, als wir das von hier gewohnt waren, außerdem gab es eine beeindruckende Zeremonie, bei der unter anderem Reden gehalten und die Hymne gesungen wurden.

An unserem letzten Abend gab es eine Feier anlässlich des 30 jährigen Jubiläums des Schüleraustauschs zwischen Darmstadt und Plock. Die Stimmung war ausgelassen, getrübt nur vom Gedanken an die Heimreise, die am nächsten Tag bereits bevorstand. Wir ließen die Woche noch einmal bei leckerer Torte und traditioneller Musik Revue passieren. Was war ganz anders gewesen als zu Hause? Nun, das Eis und die Süßigkeiten waren besser, da waren wir uns alle einig. Außerdem gab es mehr Fahrradwege, die auch ganz anders gekennzeichnet waren als bei uns. Viele Alltagsgeräusche klangen anders, so zum Beispiel die Schulglocke oder die Sirene des Rettungswagen. In der Schule hatte jeder Lehrer einen eigenen Klassenraum, nicht jede Klasse, wie bei uns. Die Musik im Radio war interessanter und wiederholte sich nicht so oft. Am ersten Schultag war alles viel förmlicher als bei uns. Ein Mädchen aus unserer Gruppe, das sich sehr für Rabenvögel interessierte, hatte bereits die ganze Woche begeistert die verschiedenen Arten beobachtet, die bei uns viel seltener vorkamen. Je länger wir nachdachten, desto mehr viel uns ein. Allerdings wurde uns so auch immer mehr klar, was wir alles vermissen würden.

Am schwersten würde es allerdings werden, Abschied von unseren Freunden zu nehmen. Wir hatten die ganze Woche über auch in unserer freien Zeit Dinge gemeinsam unternommen, so waren wir zum Beispiel gemeinsam im Einkaufszentrum gewesen und hatten Bowling gespielt. Die Verständigung war nie ein wirkliches Problem gewesen, im Gegenteil. Für uns alle war es eine tolle Gelegenheit gewesen, um Englisch zu üben. Die polnischen Schüler, die Deutsch in der Schule lernten, konnten dieses verbessern und brachten uns sogar ein paar polnische Worte bei. Der Augenblick des Abschieds war viel zu schnell gekommen, und als es dann wirklich soweit war, flossen Tränen. Gleichzeitig wurden jedoch auch schon nächste Treffen ausgemacht und gegenseitige Versprechen, zu schreiben und zu telefonieren wurden ausgetauscht. Was klar war: Niemand wollte, dass dies ein Abschied für immer bleiben sollte.